Warum Vorsorge

Jeder von uns kann durch einen Unfall, eine schwere Krankheit, eine Behinderung oder auch aufgrund nachlassender geistiger Kräfte im Alter in die Lage kommen, wichtige Angelegenheiten des Lebens nicht mehr eigenverantwortlich regeln zu können. Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wer dann für Sie handeln und entscheiden wird?

Wenn Sie auf fremde Hilfe angewiesen sind, gibt es in allen Lebensbereichen eine ganze Reihe von Entscheidungen, die von anderen Menschen für Sie getroffen werden müssen. Deshalb ist es sinnvoll, sich rechtzeitig mit dieser Situation auseinanderzusetzen und ganz konkret zu fragen:

  • Wer verwaltet mein Vermögen?
  • Wer erledigt meine Bankgeschäfte?
  • Wer organisiert für mich nötige ambulante Hilfen?
  • Wer sucht für mich einen Platz in einem Senioren- oder Pflegeheim?
  • Wer kündigt meine Wohnung oder meinen Telefonanschluss?
  • Wie werde ich ärztlich versorgt?
  • Wer entscheidet bei Operationen und medizinischen Maßnahmen?
  • Wer kümmert sich um meine persönlichen Wünsche und Bedürfnisse?

Natürlich werden Ihre Angehörigen Ihnen – hoffentlich – beistehen, wenn Sie Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. Wenn aber rechtsverbindliche Erklärungen oder Entscheidungen gefordert sind, können weder die Ehepartnerin/der Ehepartner oder die Lebenspartnerin/der Lebenspartner noch die Kinder Sie gesetzlich vertreten.

In unserem Recht haben nur Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern ein umfassendes Sorgerecht und damit die Befugnis zur Entscheidung und Vertretung in allen Angelegenheiten. Für Volljährige können hingegen die Angehörigen nur in zwei Fällen dauerhaft und in allen jeweils erforderlichen Bereichen entscheiden oder Erklärungen abgeben: Entweder aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht oder wenn sie durch das Gericht als Betreuerin oder Betreuer bestellt sind.

Seit dem 1. Januar 2023 gibt es in akuten Krankheitssituationen ein gesetzliches Ehegattennotvertretungsrecht in gesundheitlichen Angelegenheiten (§ 1358 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Diese Notvertretung ist auf höchstens sechs Monate befristet. Das gesetzliche Notvertretungsrecht des Ehepartners findet keine Anwendung, wenn eine ausreichend umfassende Vorsorgevollmacht erteilt wurde, die Sie individuell gestalten können. Nähere Informationen zu dem neuen Ehegattenvertretungsrecht finden Sie in der vom Bundesministerium der Justiz herausgegebenen Broschüre „Eherecht“. Eine Vorsorgevollmacht bietet auch für Ehepartnerinnen und Ehepartner im Unterschied zum inhaltlich eingeschränkten sowie zeitlich befristeten Ehegattenvertretungsrecht die Sicherheit, dauerhaft und frühzeitig rechtlich vorsorgen zu können. Daher ist es nach wie vor auch für Ehegatten ratsam, eine Vorsorgevollmacht an eine Person Ihres Vertrauens zu erteilen.

Wenn Sie mehr erfahren möchten: Begriff der Vollmacht, zugrundeliegendes Rechtsverhältnis

Vollmacht ist die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht. Sie wird im Regelfall durch Erklärung gegenüber der zu bevollmächtigenden Person erteilt. Wie jedes Rechtsgeschäft setzt sie die Geschäftsfähigkeit der vollmachtgebenden Person voraus.

Außenverhältnis und Innenverhältnis

Man unterscheidet bei der Vollmacht zwischen einem Außenverhältnis und einem Innenverhältnis. Das Außenverhältnis besteht zwischen der bevollmächtigten und vollmachtgebenden Person einerseits sowie auf der anderen Seite zwischen der bevollmächtigten Person und Dritten, denen gegenüber Erklärungen abzugeben sind (z. B. Vertragspartner, Behörden, Ärztinnen und Ärzte usw.). Im Außenverhältnis interessiert für die Wirksamkeit der Erklärungen der bevollmächtigten Person nur der Inhalt der Vollmacht, nicht aber z. B. Absprachen zwischen der vollmachtgebenden und der bevollmächtigten Person zu deren Gebrauch. Diese betreffen vielmehr das Innenverhältnis zwischen den genannten Personen.

Dem Innenverhältnis liegt rechtlich ein Auftrag zur Geschäftsbesorgung, also ein – auch stillschweigend abschließbarer – Vertrag zugrunde. Aufgrund des bestehenden Auftragsverhältnisses zwischen der vollmachtgebenden und der bevollmächtigten Person kann die vollmachtgebende Person der bevollmächtigten Person z. B. auch Weisungen zum Gebrauch der Vollmacht erteilen. Dieses Auftragsverhältnis sollte zweckmäßigerweise schriftlich mit der bevollmächtigten Person vereinbart werden, vor allem, wenn es um Vermögensangelegenheiten geht. Auf diese Weise kann die vollmachtgebende Person zum einen die Rahmenbedingungen für die Vollmacht festlegen und zum anderen auch die Frage der Vergütung oder Auslagenersatz der bevollmächtigten Person klären.

Ausdrückliche Regelungen im Innenverhältnis vermeiden auch Streit über die Rechte der bevollmächtigten Person und dienen damit sowohl dem Schutz der vollmachtgebenden Person (oder deren Erben) als auch der bevollmächtigten Person. So lässt sich z. B. die – häufig streitige – Frage eindeutig regeln, ob die Vollmacht nur zur Verwaltung oder auch zur Veräußerung von Grundbesitz erteilt worden ist.

Unterschied zur Betreuungsverfügung

Von der Vollmacht zu unterscheiden ist eine Betreuungsverfügung. Diese berechtigt nicht zur Vertretung bei Rechtsgeschäften. In ihr werden vielmehr Wünsche festgelegt für den Fall, dass – weil keine Vollmacht erteilt wurde – eine Betreuerin oder ein Betreuer vom Betreuungsgericht bestellt werden muss. Die für die Betreuung vorgesehene Person erhält ihre Vertretungsmacht durch die gerichtliche Bestellung.

Um im Fall eigener Hilflosigkeit sicher zu sein, dass Ihre Wünsche, Vorstellungen und Überzeugungen respektiert werden, sollten Sie rechtzeitig Vorsorge treffen. Damit erleichtern Sie auch die Aufgabe für jene Menschen, die Sie dann unterstützen sollen. Möglich ist dies durch die rechtlichen Instrumente der Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung.

Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie Ihre gesetzliche Vertretung selbst bestimmen. Darin benennen Sie eine oder mehrere Personen Ihres Vertrauens, die in wichtigen Lebensbereichen für Sie handeln sollen. Diese Bevollmächtigten stehen nicht unter der Kontrolle des Betreuungsgerichts.

Wenn Sie niemanden haben, dem Sie eine Vollmacht anvertrauen wollen, empfiehlt sich eine Betreuungsverfügung. Sie können darin bestimmen, wer mit Ihrer Betreuung beauftragt werden soll - aber auch wer dafür keinesfalls in Frage kommt. Das Betreuungsgericht berücksichtigt Ihre Vorgaben und überwacht die gewählte Betreuerin oder den Betreuer.

Im Hinblick auf den medizinischen Ernstfall sollten Sie über eine zusätzliche Patientenverfügung nachdenken. Damit legen Sie fest, ob Sie in bestimmte Behandlungen und Eingriffe einwilligen oder diese untersagen. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte sowie Bevollmächtigte oder Betreuerinnen und Betreuer müssen sich danach richten.

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